Hallo, wir sind die Familie Bachmann
…jedenfalls der Teil davon, der gerade anwesend ist. Denn, das hat Karin Bachmann schon am Telefon angekündigt: „Alle fünf kriegt man so gut wie nie auf einen Fleck.“ Die Söhne sind ausgeflogen, einer befindet sich in England, der andere beim Fahrunterricht. Trotzdem war es uns wichtig, Familie Bachmann zu besuchen, denn sie lebt in einem kleinen Städtli nahe der Deutschen Grenze. Karin ist vor 20 Jahren quasi „ausgewandert“, vom badischen Murgtal ins Deutsch-Schweizer Grenzgebiet gezogen. Ein klarer Fall für die Aktion „Merkels Grenzerfahrungen“.



Karin, ihr Mann Karl und Amélie, die Jüngste, begrüßen uns mit einem Apéro, wie man das aus der Schweiz kennt. Auf den ersten Blick wird uns klar: Familie Bachmann fühlt sich wohl in dem kleinen Städli Neunkirch, unweit von Schaffhausen. Der Hund tobt durch den Garten, die Abendsonne wärmt uns den Rücken, während wir plaudernd auf der Terrasse sitzen. „Ob Klettgau oder Murgtal – so groß ist der Unterschied gar nicht“, bringt Karin ihre Situation auf den Punkt. Als Schweizerin fühlt sie sich trotzdem nicht. Vielmehr erzählt sie schmunzelnd von ihrem „Migrationshintergrund“. Schon an dem kleinen und doch so wichtigen Wörtchen „Gruezi“ merkt der Schweizer, dass ich Deutsche bin. Ihre Tochter schmunzelt, denn sie kann es besser. Klar, die Kinder sind in der Schweiz groß geworden. Wo und wann auch immer Karin sich zu Wort meldet, antwortet man ihr auf Hochdeutsch. „Manchmal ärgert mich das, weil ich gar nicht die Chance bekomme, das Idiom zu erlernen.“ Karl, ihr Mann, sieht das anders. „Die Schweizer sind eben höfliche Menschen“, lautet seine Antwort. Sei’s drum! Im Unterricht – Karin ist Grundschullehrerin, wird sowieso Hochdeutsch gesprochen.



Überhaupt war der Beruf der Grund, vom Badischen in die Schweiz zu ziehen, denn nach dem Studium gab es in Deutschland einfach keine Stellen. Über einen Studienkollegen hat sie schließlich erfahren, dass im Kanton Schaffhausen händeringend Lehrer gesucht werden. Die Bewerbung war schnell geschrieben, und noch schneller konnte Karin im Nachbarland anfangen, zu arbeiten. Innerhalb von nur 2 Wochen ist sie umgezogen. In der Schule bekam sie eine Mentorin an die Seite, und ruckzuck wurde die junge Frau aus Gaggenau im Kanton Schaffhausen heimisch. Was als ein Experiment begann und eher auf eine Übergangszeit angelegt war, wurde schnell zum normalen Alltag. „Die Kinder habe ich nicht immer verstanden“, gibt sie freimütig zu, „und auch manche Texte waren mit Ausdrücken gespickt, die ich nicht verstanden habe“. Als Beispiel nennt Karin den Begriff „Finken“. Klar, denkt der Deutsche: Finken sind Vögel. Aber nein! Nicht in der Schweiz. In der Schweiz sind Finken nichts anderes als Hausschuhe. Aber genau das ist es, was Karin an der Schweiz gefällt: die Sprachvermischung. Spätestens als Karin in einem Kollegen auch ihren Ehemann fand, war klar, sie würde in der Schweiz bleiben. Zurück nach Deutschland, das kann sie sich nicht mehr vorstellen. Zu sehr ist sie in dem kleinen Städtli Neunkirch heimisch geworden.



Und jedesmal, wenn sie bei ihren Erzählungen ein „li“ an bestimmte Wörter anhängt, dann klingt da doch ein wenig das Schweizerische Idiom durch. Und wenn sie ihre Sätze mit dem Schweizerischen „oddr“ beendet – auch dann hat man das Gefühl, dass das Schweizerische schon ein Stück weit ihren Sprachschatz prägt. Wir jedenfalls spüren vom ersten Augenblick an: Karin ist angekommen! Sie spricht vom „Dörfli-Geist“, vom Zusammenhalt der Menschen in Neunkirch, einem Ort, der zu den 80 schönsten Orten der Schweiz zählt. Stolz zeigt sie uns das Städtli, das anscheinend am Reißbrett geplant wurde. Im Zentrum schmiegen sich alte Häuser an die Stadtmauer. Vom Turm des Stadttors aus sieht man die engen Gassen, und man hat einen wundervollen Blick in den Klettgau.


Dass wir auf unserer Grenzerfahrungstour einen Abstecher zu Familie Bachmann machen durften, hat uns sehr gefreut. Danke für den liebevollen Empfang und die versprochene Spende.
LESEN – SICH FREUEN – SPENDEN – DANKE