Der Fischer vom Bodensee

Ich fühle mich zurück versetzt in meine aktive Zeit beim SWR. Heute ist Frühdienst angesagt. Um Punkt 6.00 Uhr verlassen wir das Wohnmobil, gehen flotten Schrittes Richtung See in Unteruhldingen und stehen 20 Minuten später am Ufer. Spätestens um halb sieben will Andreas Knoblauch mit seinem Fang anlanden. Bis es soweit ist, lassen wir unsere Augen schweifen. Tatsächlich springen zwei Personen ins Wasser – in aller Herrgottsfrüh. Was unsere Aufmerksamkeit noch mehr in Anspruch nimmt, sind ganze Schwärme von Kormoranen, die im Sturzflug in den See tauchen. Jeder Kormoran frisst täglich bis zu 500 Gramm Fisch, eine Menge, die den Berufsfischern fehlt. Natürlich sind Tiere auch schützenswerte Lebewesen, man fragt sich aber schon, warum der Kormoran unter Schutz steht, während den Fischern die Lebensgrundlage genommen wird. Das muss man nicht verstehen. Auch der Stichling bringt die Fischbestände am Bodensee aus der Balance. Dass der See jedoch überfischt sein soll und deshalb die Bestände zurück gehen, das kann Andreas Knoblauch so nicht unterschreiben. Als er wenige Minuten später mit seinem Fang in den Fischerhafen einbiegt, bestätigt sich, was er uns prophezeit hatte.

Wenn das drei Kilo Filet gibt, ist es viel“, stellt der passionierte Bodenseefischer mit Blick auf die wenigen gefangenen Fische fest, „das hier ist nur ein Bruchteil von dem, was wir vor Jahren noch gefangen haben.“ Für diese geringe Menge hat er am Abend vorher die Netze ausgelegt und sie am frühen Morgen wieder eingeholt. Für diese geringe Menge Fisch kommt extra ein Fischerei-Aufsichtsbeamter vorbei und kontrolliert, ob die Netze nicht zu dicht und nicht zu weit geknüpft sind. Das verstehe, wer will. Die Fischer vom Bodensee haben es wirklich nicht leicht.

Seit rund zehn Jahren geht es mit der Fischerei am Bodensee bergab“, erzählt Andreas Knoblauch, der schon sein ganzes Leben lang als Fischer arbeitet und die Fischerei mittlerweile für ein teures Hobby hält. „Früher haben alle Fischer hier am Bodensee die Gastronomie beliefert“, blickt er zurück, „heute spielt das eine sehr untergeordnete Rolle.“ Andreas Knoblauch und seine Kollegen machen, wenn man so will, jeden Tag Grenzerfahrungen der besonderen Art. Trotzdem lässt er sich nicht entmutigen, seine Liebe zum Beruf leidet nicht unter den schwierigen Bedingungen. „Ich bin groß geworden mit dem Fischen, bin quasi auf dem Fischerboot aufgewachsen“, blickt er zurück, „natürlich schlägt mein Herz noch immer für den Beruf. Aber ich bin froh, dass wir sehr früh mit einem eigenen Imbiss für Endverbraucher begonnen haben, es hat sich gezeigt, dass wir dieses zweite Standbein brauchen.“ Not macht erfinderisch. Wenn das jemand weiß, dann sind das die Fischer vom Bodensee, denn die Misere trifft sie alle gleichermaßen. In seinen flotten Caddy lädt Andreas Knoblauch nicht nur seinen Fang sondern auch uns, wir fahren zur Produktionshalle. Dort nimmt er die Fische aus, macht sie fertig für den Verkauf. Zeitgleich wird die Theke in dem kleinen Lädchen nebenan bestückt. Frischer Fisch, leckere Fischfrikadellen, Fischaufstrich, Fischfonds, Fischsuppe ….die Kundschaft hat die Qual der Wahl.

Den größten Teil des Umsatzes macht Familie Knoblauch jedoch in ihrem Fischgeschäft am Überlinger Marktplatz. Sobald sich dort die Türen öffnen, strömen die Kunden. In der Auslage liegen hauptsächlich zugekaufte Fische, dazwischen ein Red Snapper und Aale, die Auswahl ist groß, die Anzahl der berühmten Bodenseefelchen jedoch gering. Die Verantwortung für das Fischgeschäft in Überlingen hat Sohn Marco. Er beliefert das Geschäft, wo auch warme Gerichte angeboten werden und wo die gute Beratung im Vordergrund steht. „Wir geben den Kunden Rezepte an die Hand, sagen ihnen, wie sie welchen Fisch zubereiten sollen und welche Beilagen am besten dazu passen“, erzählt der Junior, der in dem Familienbetrieb maßgeblich mitarbeitet, jedoch nicht selbst auf den See hinaus fährt, obwohl er die Ausbildung dafür hat.

Familie Knoblauch arbeitet Hand in Hand und voraus schauend. Die Kormorane können sie nicht ausrotten, die Probleme nicht lösen. Aber sie können dafür sorgen, dass ihre Existenz nicht wegbricht, denn sie sind kreativ und ideenreich. Wir wünschen ihnen viel Erfolg.

www.knoblauch-bodensee.de

 

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