Chapeau - Eure Majestät
Hoffentlich ist diese Anrede perfekt…so oft hatten wir es nämlich noch nicht mit echten Hoheiten zu tun. Das ändert sich als wir Nicole Schmitz-Bernt kennenlernen. Die amtierende Deutsche Hutkönigin wurde im Mai 2024 offiziell von einer Jury gewählt – für zwei Jahre – im Deutschen Hutmuseum Lindenberg/Allgäu – vor exakt einem Jahr. Glückwunsch, liebe Hutkönigin !!! Durch Zufall erfahren wir von Ihrer Majestät, und weil es wohl so sein sollte, empfängt sie uns drei Stunden später bei sich zu Hause – stilgerecht mit Hut und Schärpe. So gehört sich das!



„Für Hüte“, erzählt sie freimütig „für Hüte hatte ich zwar schon immer einen Faible. Aber im Jahr 2017 bekam diese Art der Kopfbedeckung für mich einen ganz neuen Stellenwert.“ Damals erkrankt Nicole Schmitz-Bernt an Brustkrebs mit allen Auswirkungen, die dazu gehören. „Schneller als man sich mit der Diagnose abfinden kann, fallen die Haare aus – eine Erfahrung, die man niemandem wünscht, mit der man sich aber abfinden muss.“ Ab sofort hat der Hut eine besondere Bedeutung für die Berlinerin, die erst nach ihrer Genesung nach Süddeutschland gezogen ist und sich im Allgäu pudelwohl fühlt. „Der Hut war einerseits ein Schutz vor Hitze und Kälte, zum anderen wollte ich nicht auf den ersten Blick als krank wahr genommen werden“, sagt sie.



Nicole Schmitz-Bernt stellt sich der Herausforderung, stemmt sich der Krankheit entgegen und geht gestärkt daraus hervor. „In dieser Lebenssituation habe ich darüber nachgedacht, was mir wirklich wichtig ist, und ich bin mir meiner Stärken und Talente bewusst geworden“. Vintage heißt das Zauberwort. „Mode, Design und Musik (Stichwort: Charleston) aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts haben mich schon immer begeistert, meinen Kleidungsstil habe ich der Vergangenheit angepasst – mal mehr, mal weniger“. Und plötzlich ploppt auch wieder die Freude am Nähen und am Modellieren auf. Die ausgebildete Psychotherapeutin entdeckt ein Hobby, das schon lange in ihr schlummert und sich jetzt Bahn bricht – mit Vehemenz! Sie näht, erstellt Schnittmuster, verziert fertige Hüte und modelliert neue Exemplare, und alles bringt sie sich selbst bei. Ist es da ein Wunder, dass der im Deutschen Hutmuseum Lindenberg jährlich stattfindende Huttag sie anlockt? Ich glaube nicht! Und der Huttag 2023 sollte ihr Leben noch einmal ein Stück weit verändern. Ein Jahr später bewirbt sie sich als Hutkönigin, wie das auch ca. weitere 15 Frauen tun. Sie kommt schließlich unter die fünf Favoriten und gewinnt den Titel mit Bravour. Was hat sie anders gemacht als ihre Mitbewerberinnen, möchte ich wissen, und ich kenne die Antwort bereits: Nicole Schmitz-Bernt ist authentisch, natürlich, redegewandt, unprätentiös, charmant, sympathisch, in ihrem passenden und stimmigen Outfit eine Art Gesamtkunstwerk.



Sie hat eine spannende Geschichte zu erzählen, vor mehreren Tausend Zuschauern präsentiert sie sich mit Freude, aber ohne jeglichen Erfolgszwang. Zu ihrer Geschichte gehört nicht nur die überstandene Krankheit sondern auch die Tatsache, dass sie sich immer mehr zu einer Modistin entwickelt hat. Das würde sie selbst so nicht sagen, aber als Außenstehende darf ich meinen Eindruck wiedergeben. Man merkt der Hutkönigin an, welche Freude sie daran hat, mit verschiedenen Materialien, mit Formen und Farben zu experimentieren. Ganz gleich, welchen Hut sie aufsetzt, es hat den Anschein als sei sie schon damit auf die Welt gekommen. Das Outfit im Vintage-Stil gibt der charmanten Persönlichkeit den letzten Schliff. Dazu gehören natürlich auch die passenden Schuhe. Dass sich im Umfeld von Nicole Schmitz-Bernt eine Vintage-Community etabliert hat, die immer größer wird, daran ist sie selbst nicht unschuldig.
Als Hutkönigin ist sie Botschafterin: nicht nur für perfekte Kopfbedeckungen und perfektes Outfit, sondern hauptsächlich für die Stadt Lindenberg/Allgäu. Die Freude an ihrem Ehrenamt ist ihr anzusehen. Begeistert erzählt sie davon, dass sie als Hut-Hoheit schon in der französischen Partnerstadt an der Côte d’Azur war. Beim Stadtfest gehört sie zu den Honoratioren, sie liest in der Bibliothek, und sie besucht soziale Einrichtungen. Das alles mit einer unglaublichen Lebensfreude. Hut ab!


Weil das aber alles noch nicht genug Aufgaben sind – wohl gemerkt neben ihrer Berufstätigkeit – hat sie sich selbst noch ein anspruchsvolles Ziel gesetzt. Nicole Schmitz-Bernt wird sich ab sofort für krebskranke Frauen einsetzen. Ab diesem Sommer veranstaltet sie Workshops für erkrankte Frauen, denn sie weiß aus eigener leidvoller Erfahrung, was Betroffenen gut tut, wie man mit ihnen umgeht, welche Ratschläge man geben kann, ohne dass diese plump daher kommen. Sie organisiert Zusammenkünfte, in deren Mittelpunkt nicht nur Gespräche stehen, vielmehr werden – wenn gewünscht – Hüte im Fokus stehen. Gemeinsam wird modelliert, werden Hüte aufprobiert als Alternative für Kopftücher oder Mützen. Hüte, davon ist Nicole Schmitz-Bernt überzeugt, sind viel mehr als nur eine Kopfbedeckung. Sie sind Ausdruck der Persönlichkeit und das Tüpfelchen auf dem i in Sachen Mode. Sie selbst geht nur selten ohne Hut aus dem Haus. Für ihr Projekt wünschen wir viel Erfolg, und wir bedanken uns für ihre Spende für krebskranke Kinder. Und noch etwas: Wir ziehen den Hut vor der amtierenden Hutkönigin.
https://www.instagram.com/glockenhut__liebe/
Instagram: @glockenhut__liebe
Fotos: Frederick Sams, Richard Merkel, privat
LESEN – SICH FREUEN – SPENDEN – DANKE